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Der rechtliche Mythos um das „Kraftfahrzeug“

von Axel Dammer

 

Zur Fortbewegung mit einem Fahrzeug benötigt es stets Kraft. Dennoch ist nicht jedes Fahrzeug automatisch ein Kraftfahrzeug. Doch wann ist dies tatsächlich der Fall? Und warum sollte dies den geneigten Verkehrsteilnehmer – abseits von mittelmäßigen Wortspielen – interessieren?

Zunächst eine Klarstellung vorweg: die Kraftfahrzeugeigenschaft eines Fahrzeuges bietet nur sehr wenig Aufschluss über die Frage, ob zum Führen des Fahrzeuges eine Fahrerlaubnis benötigt wird. Es existiert eine Vielzahl von Kraftfahrzeugen, für die keine Fahrerlaubnis erforderlich ist oder lediglich eine Prüfbescheinigung.

Von großer rechtlicher Relevanz ist die Klärung der Kraftfahrzeugeigenschaft indes in strafrechtlicher Hinsicht; insbesondere bei der Frage einer etwaigen Trunkenheitsfahrt. Grundsätzlich ist die Nutzung eines jeden Fahrzeuges (also zum Beispiel auch eines Fahrrades) im Zustand der Fahruntauglichkeit durch Alkohol oder andere berauschende Mittel strafbar. Je nach Fahrzeug variiert gegebenenfalls lediglich der in der Rechtsprechung anerkannte Grenzwert, wann eine solche Fahruntauglichkeit vorliegt.

Entgegen immer wieder anderslautender rechtlicher Mythen führt allerdings in der Regel lediglich das Führen eines Kraftfahrzeuges (!) zu führerscheinrechtlichen Konsequenzen bis hin zur Entziehung der Fahrerlaubnis. Weiter kursieren – wir uns unsere Erfahrung lehrt – unter juristischen Laien zahlreiche Ansichten darüber, welche Fahrzeuge denn rechtlich als Kraftfahrzeuge gelten und welche nicht. Besonders fatal werden diese Irrtümer, wenn Kraftfahrzeuge nicht für solche gehalten werden und in diesem Irrglauben in alkoholisiertem Zustand geführt werden. Die Rede ist natürlich insbesondere von E-Scootern und Pedelecs. Daher an dieser Stelle ein kleiner Überblick:

Nach den Vorgaben des Straßenverkehrsgesetzes (StVG), der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) und einer Verordnung mit dem klangvollen Namen „Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung“ (eKFV) sind Kraftfahrzeuge im Rechtssinne nämlich

1. Fahrzeuge, die sich ausschließlich mit Motorkraft (auch Elektromotoren) fortbewegen können; unabhängig von der Frage, welche Geschwindigkeit erreicht werden kann.

2. Fahrzeuge die mit Muskelkraft und Motorunterstützung bewegt werden, sofern eine Motorunterstützung auch bei einer Geschwindigkeit von mehr als 25 km/h noch vorhanden ist.

Grundsätzlich darf also festgehalten werden, dass jedes Fahrzeug mit einem Motor (egal ob Verbrennung oder Elektromotor) grundsätzlich ein Kraftfahrzeug darstellt (also zum Beispiel auch elektrische Krankenfahrstühle). Explizit klargestellt ist die Kraftfahrzeugeigenschaft für E-Scooter in der eKFV. Explizit ausgenommen sind laut StVG lediglich Pedelecs (Fahrräder mit Motorunterstützung, sofern die Motorunterstützung bei Überschreitung einer Geschwindigkeit von 25 km/h einhält).

Um somit die gängigsten Irrtümer aufzuklären:

Sowohl E-Scooter als auch sog. „Speed-Pedelecs“ sind rechtlich nach dem Wortlaut der StVG als Kraftfahrzeuge zu bewerten. Eine Alkoholfahrt mit einem solchen Fahrzeug stellt somit eine Straftat dar und kann durchaus zur Entziehung der Fahrerlaubnis führen; und zwar unabhängig von der Tatsache, dass zum Führen jedenfalls eines E-Scooters eine Fahrerlaubnis überhaupt nicht erforderlich ist.

Ein „normales“ Pedelec ist nach der eindeutigen Formulierung im StVG kein Kraftfahrzeug. Auch dieses darf deshalb natürlich nicht im Zustand der Fahruntauglichkeit geführt werden. Ein Verstoß führt jedoch nicht zu führerscheinrechtlichen Konsequenzen.

Und zum Schluss: Dieser Beitrag dient der Information und sollen keine Anregung sein, Fahrzeuge gleich welcher Art in alkoholisiertem Zustand zu führen. Generell sollte abseits aller rechtlichen Bewertungen zur Sicherheit des Straßenverkehrs selbstverständlich für Fahrzeuge aller Art (einschließlich Fahrrädern) der altbewährte Grundsatz: Don’t drink and drive! Falls es aber doch passiert, wenden Sie sich gerne an uns.

Wir wünschen allzeit gute Fahrt.

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